Synodaler Prozess bei uns
Papst Franziskus spitzt die Ohren. Er will hören, wo der Schuh drückt. Also haben wir im Seelsorgerat und im Seelsorgeteam einen Plan gemacht, wie möglichst viele Stimmen aus unserer Pfarreiseelsorge aufgenommen werden können. Allerdings war das Ganze anfangs terminlich eine grosse Herausforderung. Am 22.11.2021 haben wir zu einem Treffen für alle Interessierten eingeladen. Es waren 15 Personen anwesend, die 10 Themenbereiche und viel leere Schreibfläche zu Hilfe nahmen, um ihre Sicht auf die Kirche zum Ausdruck zu bringen. Auch alle Kommissionen haben Stimmen gesammelt und auch online konnte man Fragen beantworten. Alle diese verschiedenen Beiträge mussten zu einem Dokument von einer A4-Seite kondensiert werden. So viel darf jede Seelsorgeeinheit beim Bischof einreichen. Dieses Dokument ging im Seelsorgerat in die Vernehmlassung und wurde dann am 15. Februar eingereicht.
Kurz gesagt kam es zu folgenden Ergebnissen:
Wir unterscheiden zwischen unserer Pfarreiseelsorge vor Ort, für die wir Verantwortung tragen und der hierarchisch-klerikalen Struktur der Weltkirche. Erstere wird überwiegend positiv erlebt, wobei es auch kritische Hinweise gab. So werden wir uns in den kommenden Monaten folgenden Fragen stellen:
- Stehen wir ausreichend im Dialog mit anderen gesellschaftlichen und religiösen Gruppen hier in der Stadt und Umgebung?
- Werden bei wichtigen Entscheidungen alle Betroffenen ausreichend gehört?
- Welche Personen und Gruppen könnten aktiv in die Gestaltung unserer Gottesdienste einbezogen werden?
- Welchen Stellenwert hat der Sonntagsgottesdienst bei jenen, die in den verschiedensten Gruppen unserer Pfarreiseelsorge engagiert sind?
- Wie steht es um das Gebetsleben in unserer Pfarreigemeinschaft?
Die Situation der hierarchischen Weltkirche wird überwiegend kritisch oder sogar als problematisch und frustrierend gesehen. Zur Frage nach der Machtkonzentration schreibt eine Person: „Bei heiklen Themen entscheiden leider immer nur die höchsten Instanzen der Hierarchie. Das ist für katholische Christenmenschen frustrierend.”
Die Kirchenleitung wird als klerikaler und maskuliner Machtapparat wahrgenommen – weit entfernt von der Pastoral vor Ort und dem Leben der Menschen. Entscheidungen, die das ganze Kirchenvolk betreffen, liegen immer bei den geweihten männlichen Verantwortungsträgern. Daher wird von vielen Personen der Wunsch nach Dezentralisierung geäussert: Mehr Kompetenzen für die Bischofskonferenzen und Bischöfe vor Ort, weniger römischen Zentralismus.
Viel Unverständnis und Frust kommt auch in Bezug auf die Rolle der Frauen und allgemein der Laien in der Kirche zum Ausdruck. Als ersten Schritt für mehr Anerkennung wird der Diakonat für Frauen gesehen. Eine Person fasst zusammen, was vielen auf dem Herzen liegt: „Die Übernahme zivilgesellschaftlicher Errungenschaften sollte auch für die römische Kirche selbstverständlich werden: namentlich die volle Gleichberechtigung der Frauen auf allen Stufen der Hierarchie, das Recht auf Ehe auch für ordinierte Priester, die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften.”
Weitere Anliegen und Sorgen
- Das Pflicht-Zölibat erscheint in seiner Ausschliesslichkeit vielen Gläubigen als ungeeignete Zugangsbedingung zu den Weiheämtern.
- Sakramentennotstand durch diese Zugangsbedingungen
- Kirchenrecht und Pastoral widersprechen sich in vielen Punkten.
- Die Trennung der Kirchen erleben wir als schmerzhaft. Eucharistische Gastfreundschaft sehen wir als Beitrag zu Versöhnung und Einheit.
- Wunsch nach mehr Möglichkeiten zur Gestaltung von Eucharistiefeiern
- Vereinfachung der kirchlichen und liturgischen Sprache insbesondere in den Messbüchern (Anpassung an die heutige Zeit zwecks Verständlichkeit).
- Hoffen und beten wir, dass die Sorgen des Kirchenvolkes im Rahmen des synodalen Prozesses bei den Verantwortungsträgern Gehör finden und dass bald auch ernsthaft darauf eingegangen wird.
Florian Joos